Liebe.

Veränderungen.
Solang man etwas nicht kennt, vermisst man es auch nicht, richtig? Das ist die Gefahr, wenn man beginnt, sich auf etwas einzulassen, Neues kennen zu lernen - wenn man beginnt, zu verstehen.
In unseren Leben ist nichts von Beständigkeit geprägt, obwohl das wohl das ist, wonach sich jeder Einzelne insgeheim sehnt. Verlässlichkeit, Beständigkeit, Kontinuität. Wir projizieren diese Wünsche auf Menschen, nennen sie unsere Vertrauten. In der Hoffnung, dass sie uns irgendwie verstehen können. Dass sie denken wie wir und unsere verdrehten Ansichten teilen. Dass sie da bleiben, egal was wir anstellen. Aber in erster Linie wünschen wir uns einfach nur, nicht allein zu sein. Und da liegt das eigentliche Paradoxon. Wir müssen uns öffnen, auf Menschen einlassen, um nicht allein zu sein. Auf die Gefahr hin, dass wir, wenn diese Personen gehen, uns noch einsamer fühlen, als vorher. Warum ist das so? Weil wir uns darauf einlassen. Weil wir Menschen einen Platz in unserem Leben, in unserem Alltag schaffen. Verschwindet diese Person, hinterlässt sie eine Lücke. Und je nachdem, wie viel Platz sie eingenommen hat, desto größer fühlt sich dieses Loch dann an. Warum also geht der Mensch ein solches Risiko ein? Warum macht er sich selbst so angreifbar und verletzlich? Denn natürlich ist eine emotionale zwischenmenschliche Verbindung nie etwas zu hundert Prozent Verlässliches. Uns dessen vollkommen bewusst, stürzen wir uns trotzdem immer wieder aufs Neue hinein und sind am Ende überrascht, wenn es schief geht. Dann kommen solche Sprüche wie "Du hast etwas Besseres verdient", "so etwas darf dich nicht runter ziehen". Sätze, die jeder von uns so oder ähnlich schon zu Hauf gehört hat. Denn was sagt man denn? Was rät man einem Menschen, dem das passiert ist, wovor man selbst unglaubliche Angst hat? Was sagt man da? Eben mit dem Wissen, dass wir alle über unsere eigene Verletzlichkeit Bescheid wissen? Abstinenz kann ja schließlich nicht die Lösung sein. Oder doch? Nein, auf keinen Fall. Dafür ist das Leben definitiv zu kurz. Schließlich sind emotionale Bindungen nicht immer nur scheiße und verletzend. Das Gefühl, von jemandem verstanden und gekannt zu werden, ist unbezahlbar. Und ich würde sagen, dafür ist unsere Verletzlichkeit ein Preis, der bezahlt werden kann. Mit gutem Gewissen. Und genau das müsste man sagen, zu den Leuten, die an ihrer eigenen Identität zweifeln, weil jemand diese durch den Dreck ziehen wollte. Wir definieren uns schließlich nicht über die Leute, die uns verletzen. Wir sollten uns über die Leute definieren, die von uns die Macht bekommen, uns verletzen zu können, es aber nicht tun. Das ist Liebe.

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