(13/02/2018) Mein Langstreckenlauf
Kennst du das? Diese Leere,
die manchmal einfach auftaucht, nirgendwo herkommt und so lange bleibt und weh
tut, dass sie nicht mehr übergangen werden kann? Ich glaube, das ist
Unsicherheit.
Manchmal sitzt du vor mir und
redest, und ich merke, dass es dir ernst damit ist. Dass du wirklich nachdenkst
über das, was du gleich sagen wirst. Und dass dich das bewegt. Ich kann sehen,
wie ernst du dich selbst und alles um dich herum nimmst, wenn du bei mir bist.
Und immer, wenn du mich ansiehst, dann seh ich da noch etwas Anderes. Etwas
Größeres, Schwereres, Bedeutsameres.
Manchmal sitzt du einfach nur
da und redest, über Dinge, die ich in dir angestoßen habe. Und du siehst so
schön aus dabei. Manchmal sitze ich dann einfach nur vor dir und beobachte
dich. Die Veränderungen in deinem Gesicht, die plötzlich auftauchende
Wichtigkeit in deiner Stimme, wenn du von Dingen redest, die dich berühren. Die
Ernsthaftigkeit deiner Hände dabei. Die Wärme in deinen Augen, wenn du dir
selbst zuhörst und dabei etwas Neues lernst. Oder wenn du mich anschaust. Dann
ist da so ein Lächeln. Ein wenig Unsicherheit, gemischt mit Glück.
Manchmal sitzen wir einfach
nur da, schauen uns an, ergründen den Grund unseres Schweigens, das so gar
nicht unangenehm ist. Manchmal sitzen wir einfach nur da. Du, mit dem Wunsch
nach Ungestörtheit, nach Präsenz, nach unverfrorener Nähe, Gefühl. Und ich.
Gerade so, wackelnd, balancierend über dem Abgrund, namens „Trennung“,
Beziehungs-Ende.
Verstehst du, ich taste mich
langsam voran, schlage Hände erst weg, bevor ich sie anfassen kann, bevor ich
es fassen kann, dass ich mich an ihnen festhalten kann.
Und ich komm dir so nah, wie
ich will. So nah, wie ich gerade kann. Ich hab Angst, dir zu schnell zu geben,
was ich noch gar nicht geben kann. Meine Verwundbarkeit, meinen Körper, mein
Herz, die Nähe, die du in meinen Augen suchst, in meinen Händen findest, die
betrunken schon viel zu viele Dinge tun und in meinen Lippen, die betrunken
viel zu viele Dinge laut aussprechen, weil sie sich davon Dämm-Material für
meine innere Leere versprechen.
Wie weit sollte ich gehen,
wenn ich gar nicht weiß, wohin ich will? Ich glaub, die Grenze war dein Bett, ein
neues Stück Nähe, das für einige Momente exklusive Kontakte verspricht. Aber
nicht nur dein Bett, auch deine Haut auf meiner. Es war die Nähe die ich
wollte, in dem Kokon der Einsamkeit, die Nächte gern spinnen. Oder vielleicht
war es einfach nur meine Haut, eine Portion Verletzlichkeit zu viel. Ich will
deine Nähe, ich will diesen Blick aus deinem Innern, der mich anschreit und
sagt „Oh Gott, bist du schön!“ Und ich will diesen Blick deiner Augen, mit dem
du mir zeigst, dass du mich siehst. Verdammte Scheiße, ja. Ich will von dir
gesehen werden. Ich fühl mich nur so unendlich nackt dabei. Und davon wird mir
gerade noch zu schnell kalt. Ich will dich nicht zurückweisen, aber ich will
mich auch noch nicht beweisen müssen. Noch nicht jetzt. Ich will einfach sein.
Vielleicht ab und an mit dir. Vielleicht für mich.
Wenn du mich anschaust,
berührst oder wenn du einfach nur dasitzt und redest und über Dinge nachdenkst,
die in meinem Kopf entstanden sind - ich glaub, damit berührst du mich am
meisten. Indem du mich wahrnimmst, kann ich mich sehen. Ich weiß, das sollte
ich ohne dich können, ich sollte das lernen, und dich nicht benutzen, um mich
an dir zu wärmen, Leere auszufüllen, mit dir in meinen Armen, mich durch dich
zu sehen und dann besser zu schlafen.
Ich fühl mich wohl bei dir.
So wohl, wie man sich mit jemandem neuen fühlen kann, wenn man bisher nur eine
Person so nah an sich hatte. Ich denke, ich bin so nervös, wie man nun mal
nervös sein kann, wenn man nicht weiß, was passiert, obwohl man weiß, was man
tut. Ich glaub, ich bin so unsicher, wie man nun mal ist, wenn man sich das
erste Mal ohne komplette Vertrautheit hinauswagt.
Und ich bin so traurig, wie
man eben traurig ist, wenn durch die fühlbare Nähe des Neuen, die Nähe zum
Alten fühlbar verblasst.
Das hier ist ein
Langstreckenlauf für mich, kein Sprint. Etwas in mir wünscht sich zu rennen.
Egal wohin, nur so schnell wie möglich wieder in der Komfortzone der letzten
Jahre ankommen. Und ich bin sicher, ich könnte das auch. Aber ich glaub, ich
will das jetzt nicht. Nicht nochmal so schnell, nochmal unbewusst, ohne Blick
für die Schönheit des Wegs, der nur entsteht, wenn kein Ziel vor Augen ist.
Ich bin gerade gern. Und ich
glaube, ich sollte es auch sein.
Gern in Gesellschaft, auch
gerne allein.
Ich war weder das eine, noch
das andere, die letzte ganze Zeit.
Vielleicht ist es an der
Zeit, sich Zeit zu nehmen, für die Schönheit der Dinge im Leben.
Und damit mein ich auch dich.
Du bist so schön, wie du manchmal einfach nur vor mir sitzt. Und redest und
nachdenkst und dabei in dich hinein und manchmal auch mich mit Beständigkeit
ansiehst. Ich kann nichts versprechen, dir nichts garantieren. Wenn ich in
deinem Bett lande, könnte ich dazu neigen, mich zu verlieren – das hab ich
gemerkt. Ich weiß, eigentlich kann man nichts verlieren, was man nicht vorher
schon gefunden hat. Aber das stimmt so nicht. Ich glaub, ich mich muss mich
erstmal finden, bevor ich mich in dir verlieren kann.
Ich hoffe, nicht zu sprinten,
ist okay und vielleicht gehst du dann mit mir ein Stück, auch wenn ich dir
nicht sagen kann, ob es überhaupt ein Ziel gibt, ob der Weg uns irgendwohin
führt. Und obwohl ich dir nicht viel Verlässlichkeit geben kann und vielleicht
auch erstmal sonst nicht viel, dann zumindest Ehrlichkeit und den beständigen
Wunsch nach deiner Nähe.
Manchmal sitzt du einfach nur
da und redest. Und du siehst so schön aus dabei.
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