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It's amazing how a year went by 
in a blink of an eye.

Rückblickend passiert in einem Jahr ja wirklich viel. Allerdings kann man sich nur an das wenigste erinnern. Momente, die einen erschreckt oder verwirrt haben, neue Freundschaften, die geschlossen wurden, Dinge, die einen über sich selbst hinaus wachsen lassen haben, Schwächen, die man sich hat eingestehen müssen. Große und kleine Augenblicke, die an einem vorbei ziehen und nach dem nächsten Zwinkern schon wieder verschwunden sind. Oft sitzt man am Ende des Jahres da und fragt sich resigniert, was man eigentlich dieses Jahr überhaupt geschafft hat. Man sucht nach irgendwelchen Heldentaten, die man vollbringen wollte. Nach irgendetwas Nachhaltigem. Sowas, wie einen Weltuntergang verhindert zu haben, einen Film über das Waldsterben in Borneo gedreht oder nachhaltige Energie durch Kaffeetrinken erfunden zu haben. Dabei sind die wirklichen Meilensteine so etwas, wie die Familie des Freundes kennenzulernen oder einen Weihnachtsbaum selbst zu bauen, einen Fitnessplan länger als zwei Tage durchzuhalten und das Schulessen gar nicht so eklig zu finden, drei Wochen lang komplett allein zu leben und selbst Klopapier zu kaufen, bevor das alte leer ist. Fakt ist, dass es nicht darauf ankommt, nach wie viel deine Leistungen aussehen, sondern wie weit sie dich gebracht haben. Und ob du zufrieden mit ihnen bist. Wer also am Ende eines Jahres unbedingt auf große, atemberaubende Heldentaten zurückblicken möchte, ist im richtigen Leben falsch. Der sollte wohl doch eher zum Film gehen.



 "Wie siehst du dich in 20 Jahren?" 
Interessante Frage. Die Antwort fiel mir irgendwie immer leicht und doch war sie nie so richtig das, was meine Deutsch-Lehrerin hören wollte. Oft war meine Antwort ein schlichtes "Hoffentlich glücklich. Aber woher soll ich das jetzt schon so genau wissen ?" Wieso stellt man solche Fragen auch einem Kind, dass zu der Zeit nichts groß anderes im Kopf hat, als möglichst rebellisch zu wirken und auf die schrägsten Weisen herauszufinden, wer es selbst ist? Naja, ich dachte auf jeden Fall, dass diese Frage schlussendlich gar keinen Sinn ergibt. Zukunft ist etwas, dass noch passieren wird. Hatte ich in Deutsch schließlich gelernt. In dieser Zeitform zu reden, oder gar zu schreiben, hatte mich schon von Anfang an verwirrt. Und dann sollte ich mir auch noch in schillernden Farben ausmalen, was ich so tun werde und wie ich dann bin. Verdammt, dass weiß ich schon in der Gegenwart alles nicht. Nun ja, dieses Aufsatz-Thema war ganz eindeutig nicht mein liebstes. Inzwischen jedoch ist es gar nicht mehr möglich, NICHT im Futur zu denken. Es wird ständig von einem verlangt, schon genaue Vorstellungen zu haben. Und mittlerweile verstehe ich dieses Gedrängel auch ein wenig besser. Vor einem Jahr waren die Vorsätze für 2014 so etwas wie "entschlossener und spontaner werden". Super Idee eigentlich. Wie man das anstellt ist an dieser Stelle erstmal zweitrangig. Lustig ist nur, dass ich und alle meine Freunde vor einem Jahr nicht mal im entferntesten daran dachten, dass es am Ende des Jahres 2014 ja irgendwie weiter geht und dass das Ziel spontaner zu werden allein nicht ausreichen kann. Jeder redet ausschweifend davon, dass die Jugendweihe eine entscheidende Schnittstelle im Leben jedes Teenagers ist. Ich empfinde allerdings solche Jahre wie das in der 10. Klasse deutlich als größeren Scheitelpunkt im Leben. Zur Jugendweihe erwartet nämlich noch niemand, dass man eine Berufsvorstellung hat, dass man sich rechtzeitig bewirbt oder weiß, ob man nicht vielleicht doch studieren will. Nach der Jugendweihe geht nicht über die Hälfte aller Freunde einfach einen anderen Weg und man sieht sie nie wieder. Interessant, dass trotzdem die Jugendweihe scheinbar ein größerer Schritt Richtung erwachsen werden sein soll und auch entsprechend zelebriert wird. Nun ja, und dann sitzt du so im Oktober in der Schule und denkst dir so "Scheiße. Hätte ich beim Bleigießen letztes Jahr lieber mal im Futur gedacht. Spontanität kann ja jetzt ganz nützlich sein, aber ne Jobvorstellung wäre mir jetzt irgendwie doch lieber." 
Der Nachteil daran, dass dieses Jahr so schnell vorbei gegangen ist, scheint auf jeden Fall zu sein, dass man 2 Drittel des Jahres wirklich noch dachte, dass es reicht, im Presens zu planen. Es gab ja genug Lieder und Trends, die einen darin bestätigt haben. Noch war alles so angenehm weit weg und man konnte so tun, als wäre man kurzsichtig und bis mindestens Juli hat auch niemand erwartet, dass man sich eine Brille zulegt. 
Dann schippert man so 2 Drittel des Jahres schön in seinem Meer aus YouOnlyLiveOnce-Lebenseinstellungen rum und die Futur-Bildung verschwindet gänzlich aus jedem Gedächtnis. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem dann die ersten Schoko-Weihnachtsmänner in den Regalen stehen.




Spätestens jetzt, nachdem ich eigentlich kein Resumee ziehen wollte und schon gar keinen Post schreiben wollte, der irgendwie nach BEST OF 2014 oder so ähnlich klingen sollte, weiß ich, dass mein einziger Vorsatz für das Jahr 2015 lautet, mir keine Grenzen zu setzen. Denn das umfasst so einige Dinge und klammert eigentlich auch nichts so wirklich aus. Die erste Veränderung wird Farbe in meinen Haaren sein. Ich will mir damit endlich einen lang ersehnten Wunsch erfüllen und ich freue mich jetzt schon unglaublich darauf. Auch werde ich meine Einstellung gegenüber Spontanität wohl noch einmal überarbeiten müssen. 
Ich hoffe auf ein produktives Jahr und bin gespannt auf alles, was es mitbringen wird.



  
wahrscheinlich ist das der Traum jedes Einzelnen. Zumindest so oder ähnlich.

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